Auch wieder ein bisschen Alltagsphilosophie …
Und diesmal geht es um Optimismus, um Lebensfreude, um das Glücklichsein mit dem, was man hat – ein ganz wichtiges Thema in meinem Leben. Viel Spaß beim Reinlesen!
Es war einmal ein Mädchen, das fuhr jeden Tag mit dem Fahrrad zur Schule. Sie tat das gerne – meistens jedenfalls. Denn »jeden Tag« bedeute auch bei jedem Wetter, zu jeder Zeit, bei jeder Verkehrssituation. Manchmal wurde ihr Weg von strahlendem Sonnenschein begleitet, manchmal von strömendem Regen und sie erreichte dementsprechend das Ziel den einen Tag mehr, den anderen weniger fröhlich.
Doch sie war ein lebensfroher Mensch und es ging ihr gegen den Strich, sich von solchen simplen, aber unvermeidbaren Tatsachen die Stimmung vermiesen zu lassen.
»Nun gut«, sagte der optimistische Teil in ihr. »Du liebst doch den Regen. Schon immer, richtig?«
»Richtig«, antwortete das Logikverständnis. »Aber nur, wenn er nicht bewirkt, dass ich durchnässt in der Schule ankomme und den Rest des Tages frieren darf.«
»Mhm«, brummte ihr Sinn für Optimismus nachdenklich. »Das heißt aber noch lange nicht, dass du während des Regens schlechte Laune haben musst.«
Sie beschloss, den Verstand bei diesem Thema künftig beiseitezulassen – er war hier überflüssig – und begann damit, sich jedes Mal, wenn es regnete, voller Freude zu sagen:
»Ich liebe Regen! Oh mein Gott, es regnet, ist das nicht fantastisch? Es regnet!«
Davon konnte sie sich … nun ja, mal mehr, mal weniger gut überzeugen. Aber es wurde besser. Mit jedem Tag, den sie im Regen zur Schule radelte, stieg ihre Begeisterung und ihr Spaß an dem nassen Weg. An den Pfützen, bei deren Durchquerung sie fröhlich ihre Beine nach oben zog, und an den weichen Tropfen, die über ihre Haut rannen. Es wurde ihr zur Routine, sie hörte auf, darüber nachzudenken … und die Zeit verging.
Nun kam es eines Tages – es war vielleicht ein, zwei Jahre später, die Idee war längst nicht mehr frisch – dass das Mädchen das Schulgebäude verließ und es regnete. Wieder einmal. Nicht nur ein bisschen, es schüttete in Strömen. Sie nahm ihr Fahrrad, schob es zum Schultor und stieg auf und während dieses kurzen Vorgangs schlich sich ein strahlendes Lächeln auf ihr Gesicht.
Es dauerte eine Weile, bis ihr das tatsächlich bewusst wurde, sie dachte nicht darüber nach. Doch irgendwann, nachdem sie schon ein Stück des Weges zurückgelegt hatte, kam ihr schließlich doch in den Sinn, sich zu fragen, warum sie eigentlich so gut gelaunt war. Gerade eben, im Schulgebäude, war das nämlich noch nicht der Fall gewesen, es war ein durchschnittlicher Schultag gewesen … bis zu diesem Moment.
Verblüfft kam sie nach einer kurzen Zeit des Nachdenkens zu dem Schluss, dass es nur einen einzigen Grund für ihre Freude geben konnte: den Regen. Sie hatte sich so erfolgreich eingeredet, ihn zu lieben, hatte ihre Einstellung so oft und so tief empfunden, dass es auf die Ebene des Unterbewussten übergegangen war. Nie hätte sie sich träumen können, dass eine einfache, stumme Vereinbarung mit sich selbst es so weit bringen konnte.
Das Mädchen ist älter geworden – ein wenig zumindest – und der Schule entwachsen. Sie hat, wie wohl die meisten Menschen, einen Teil ihrer kindlichen Naivität hinter sich gelassen, beschäftigt sich nun, wenn nötig, mit Verträgen und Verantwortung, doch eine Sache ist geblieben:
Jedes Mal, wenn sie auf ihrem Fahrrad sitzt und von einem plötzlichen Regenguss überrascht wird, dann kann man darauf warten, dass sich ein strahlendes Lächeln auf ihrem Gesicht ausbreitet. Es bricht hervor wie ein Sonnenstrahl und strahlt wie ein Regenbogen, denn sie kann einfach nicht anders.
Und solange die Tropfen – ob sanft oder hart, ob dick oder dünn – zur Erde fallen, bleibt das Leuchten in ihren Augen. Sie wendet das Gesicht für einen kurzen Moment gen Himmel … und ist glücklich.
Warum?
Einfach nur, weil sie davon überzeugt ist.
Was denkst Du darüber?
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